Kein Meteorit, sondern laut Dieter Heinlein - Spezialist für Meteorite - Verhüttungsschlacke

Auswertung des Meteoritenfalls von Elmshorn

Am 25. April 2023 leuchtete um 14:14 Uhr für etwa zwei Sekunden eine Tageslicht-Feuerkugel über Schleswig-Holstein auf. Diese helle Leuchterscheinung wurde von zwei Meteorkameras des Allsky7-Netzwerks aufgezeichnet und von einigen Augenzeugen in Deutschland und den Niederlanden beobachtet. Kurz darauf entdeckten drei Einwohner der Stadt Elmshorn Einschläge auf Dächern bzw. in ihren Gärten und fanden Meteorite von einigen hundert Gramm bis mehrere Kilogramm Masse. Journalisten kontaktierten daraufhin Dieter Heinlein aus Augsburg, den Meteoriten-Spezialisten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dieser konnte bereits anhand von Fotos sicherstellen, dass es sich um echte Steinmeteorite handelt, welche die Schäden an Hausdachpfannen verursacht hatten, und er organisierte die wissenschaftliche Untersuchung der Himmelssteine.

Vor gut einem Jahr haben auch wir Dieter Heinlein wegen eines Fundstücks kontaktiert, bei dem wir nicht wussten, ob es ein Meteorit ist oder nicht. Noch am gleichen Tag erhielten wir vom Meteoriten-Spezialisten per E-Mail eine verbindliche Antwort

Artur Schmitt

Dankenswerter Weise stellten die Eigentümer der Meteoritenstücke umgehend Material für die Analysen zur Verfügung: Ein Glücksfall für die Meteoriten- und damit auch die Planetenforschung. Mit der raschen Untersuchung können kurzlebige Radioisotope – instabile und schwach strahlende Nuklide oder „Sorten“ von radioaktiven Elementen – untersucht werden und wichtige Hinweise zur Herkunft und Geschichte des Steinmeteoriten liefern.

Das als erstes gefundene Meteoritenstück von 233 Gramm war von seinem Flug durch die Erdatmosphäre sogar noch handwarm. Kreuzen Staubkörner oder eben auch größere Gesteins- und (viel seltener) Metallfragmente die Bahn der Erde um die Sonne und treten im „Kollisionsfall“ dabei in die Erdatmosphäre ein, werden sie bei den hohen Geschwindigkeiten von bis zu 200.000 Kilometern pro Stunde und mehr von der Reibung der dadurch glühend heißen oberen Atmosphäre der Erde oberflächlich stark erhitzt. Dabei verglühen kleine Fragmente vollständig, was als Meteoroid oder „Sternschnuppe“ häufig von der Erde aus sichtbar ist. Größere Eindringlinge aber bilden eine mehrere Sekunden lang am Firmament sichtbare Feuerkugel, die am Ende der Hochtemperaturphase in mehreren Zehntausendmeter Höhe mit lautem Knall zerbersten. Nur bei größeren Fragmenten bleiben Reste mit typischer Schmelzkruste übrig, die nach dem Abbremsen durch die Luftreibung abkühlen und mit Geschwindigkeiten von 150 bis 300 Kilometern pro Stunde als Meteoriten auf den Boden fallen.

DLR leitete sofortige Untersuchung der Meteoriten ein

„Insgesamt wurden in Elmshorn etwa vier Kilogramm Meteoritengestein gefunden“, freut sich Meteoritenexperte Dieter Heinlein, der für das DLR-Institut für Planetenforschung die Funde sofort eindeutig als Meteoriten identifizieren konnte. „Das größte Objekt wiegt 3.724 Gramm. Das allein ist für die Forschung großartig. Das Beste an diesem Meteoritenfall ist aber der Umstand, dass die Funde so schnell gemeldet und dadurch einer sofortigen Untersuchung zugeführt werden konnten. Der Fall von Elmshorn ist wirklich eine kleine Sensation für die Meteoritenforschung!“ Tatsächlich ereignete sich ein fast identischer Meteoritenfall nur zwei Wochen später, am 8. Mai 2023, im Ort Hopewell im US-Bundesstaat New Jersey, als eine Bürgerin im Schlafzimmer ihres Vaters einen 984 Gramm schweren Meteoriten auf dem Boden fand – darüber ein Loch in der Decke, durch das der Bote aus dem All eingedrungen war. Auch in New Jersey wurde kurz vor dem Fund eine Feuerkugel in der Hochatmosphäre gesichtet. Ein ganz außergewöhnlicher Zufall, die beiden Ereignisse stehen aber in keinem astronomischen Zusammenhang.

Dieter Heinlein kontaktierte für die sofortige Untersuchung von „Elmshorn“ das Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und das VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e.V. in Dresden. Am VKTA analysiert Dr. Detlev Degering einen der gefundenen Meteorite aktuell im Untertagelabor „Felsenkeller“ per Gammaspektrometrie auf vorrangig kurzlebige kosmogene Radionuklide, die allerdings extrem schwach strahlend sind und keine Gefahr für die Finder darstellten. Eine weitere Probe wird gegenwärtig am Institut für Planetologie in Münster von den Wissenschaftlern Dr. Markus Patzek und Prof. Dr. Addi Bischoff mineralogisch untersucht und klassifiziert. Unter Leitung der beiden Planetologen werden weitere Forschungsarbeiten an dem Elmshorn Meteoriten koordiniert, an denen unter anderem Institute aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz beteiligt sind.

„Elmshorn“ hat eine bewegte Entstehungsgeschichte

Vorläufige Ergebnisse bestätigen die zuvor gemachten Beobachtungen: Bei dem Meteoritenfall von Elmshorn handelt es sich um einen Chondriten vom Typ H, der intensive Brekziierung aufweist. Unter Brekzien versteht man Gesteine, die aus Gesteinsbruchstücken zusammengesetzt oder durch Hitze zusammengebacken wurde. Das bedeutet für den Elmshorn-Meteoriten, dass er ein Zeugnis komplexer Vermischung und Verfestigungsprozesse durch vorherige Impakte im Asteroidengürtel ist. Entstanden sind diese Gesteinsbrocken zusammen mit den Planeten des Sonnensystems vor viereinhalb Milliarden Jahren. Zwischen den Planeten Mars und Jupiter hätte sich aus Millionen dieser Planetesimale noch ein weiterer Planet bilden können, was die Gravitation Jupiters, des mit Abstand massereichsten Körpers des Sonnensystems, verhinderte. Auf zumeist stabilen Bahnen umkreisen diese Überbleibsel der Planetenentstehung die Sonne.

Nach dem Meteoritenfall von Flensburg im Jahr 2019 ist es der nächste beobachtete Meteoritenfall in Deutschland, bei dem Bruchstücke eines fremden Himmelskörpers, der mit der Erde kollidierte, gefunden wurden. Wenige Kilogramm schwere Meteoritenfälle wie „Elmshorn“ oder 2002 „Neuschwanstein“ erzeugen in der Natur einen meist nur wenige Dezimeter tiefen Krater. In besiedeltem Gebiet kann der Fall natürlich Schaden an Gebäuden verursachen. Das ist extrem selten und passierte aufgezeichnet in den vergangenen beiden Jahrhunderten nur wenige Male, so zum Beispiel am 25. April 2023 in Elmshorn.

Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Antwort von Dieter Heinlein auf unsere Anfrage vom 15. Mai 2022

Von: Dieter Heinlein <dieter-heinlein@>
Gesendet: Sonntag, 15. Mai 2022 17:55
An: artur-schmitt@
Cc: poststelle(Arts Fotos - Photography by Artur Schmitt)lfu.bayern.de
Betreff: Re: Gefundener Stein, der aussieht wie ein Meteorit

Sehr geehrter Herr Schmitt,

danke für Ihre Mail an das Bayerische Landesamt für Umwelt und die
5 Fotos Ihres Fundstücks, die Sie ans LfU gesandt haben. Ihre Anfrage
wurde von der Poststelle des LfU an mich weitergeleitet, da ich ein
Spezialist für Meteorite und außerirdische Gesteine bin.

Nach Ihren Aufnahmen und Ihrer Beschreibung zu urteilen, handelt
es sich bei diesem Objekt um eine künstlich entstandene Verhüttungs-
schlacke, die glasig verschmolzen ist und zahlreiche kleinere und auch
größere Entgasungshohlräume aufweist.
Leider haben Sie keinen Meteoriten gefunden, der aus dem Weltraum
auf die Erde gestürzt ist.

Eine persönliche (kostenpflichtige) Untersuchung des Fundstücks lohnt
in diesem Fall nicht, da eine meteoritische Herkunft dieses Fundstücks,
meiner Einschätzung nach, bedauerlicherweise ausgeschlossen ist.

Bitte seien Sie nicht enttäuscht. Meteorite sind sehr selten! Von den über
4000 Fundstücken aus Deutschland, die ich in den letzen zehn Jahren be-
gutachtet hatte, haben sich nur 3 Objekte als echte Meteorite herausge-
stellt, nämlich die Chondrite Machtenstein, Cloppenburg und Blaubeuren.

Wir sind Spezialisten für Meteorite und führen i. A. keine Untersuchung
von irdischen Mineralien und Gesteinen durch. Ich denke, das minera-
logische oder geologische Institut der nächsten Universität kann Ihnen
bzgl. der präzisen Bestimmung Ihres Fundstücks besser weiterhelfen.

Sollten Sie übrigens Interesse am Erwerb eines echten Meteoriten haben,
dann schauen Sie sich doch bitte einmal auf unserer web site um:
https://www.meteorites.de/sale.htm
Hier finden Sie echte, zertifizierte und preiswerte Meteorite zum Kauf
– schon ab 5 € bis 10 € pro Sammlungsstück, zzgl. 5 € Portokosten für
die Lieferung als DHL Paket. Bestellungen können einfach per Mail an
boli(Arts Fotos - Photography by Artur Schmitt)meteorites.de aufgegeben werden.

Besten Dank für Ihre Kontaktaufnahme und viele Grüße

Dieter Heinlein,
Bavarian Meteorite Lab, Augsburg

Mitglied der Meteoritical Society seit 1978
www.meteorites.de

Technischer Leiter des DLR Feuerkugelnetzes
www.dlr.de/feuerkugelnetz



Am 15.05.2022 um 17:09 schrieb artur-schmitt@:

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Frau Margarete Schmitt ist es gewohnt, während unserer Wanderungen jeweils einen kleinen Stein, der ihr besonders gefällt, legal mit nach Hause zu nehmen. In unserem Garten bekommen die kleinen Fundstücke dann ihren Ehrenplatz. Ich weiß nicht warum, aber heute habe ich sie mir alle einmal angeschaut. Dabei ist mir ein Stein besonders aufgefallen und ich werde das Gefühl nicht mehr los, dass es sich bei dem Fundstück um einen Meteoriten handeln könnte. Ich habe den Stein deshalb von seinem gewohnten Platz entfernt, fotografiert und in Alufolie eingepackt. Die Fotos habe ich Ihnen als Anhang beigefügt, mit der bitte zu prüfen, ob der Stein näher untersucht werden sollte. An den Fundort kann sich meine Frau noch erinnern.

Viele Grüße Artur Schmitt